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KW 23/1996, Telepolis

Telepolis - Stadt am Netz -

theory polis
theoretischer Raum
Theorie-Stadt-Denken


Editorial
Willkommen bei Telepolis, dem deutsprachigen Magazin der Netzkultur!

In den beiden letzten Jahren hat das Internet zum Sprung vom klassischen Kommunikationsmedium der Technologiefreaks hin zum angehenden Massenmedium angesetzt. Online-Anbieter wie Telekom Online, Compuserve oder Neueinsteiger wie Bertelsmann America Online sowie Europe Online sorgen für eine entsprechende Verbreitung über die klassischen Internet-Provider hinaus.

Parallel hierzu verpaßt die überforderte Politik die Chancen für den Wirtschaftsstandort Deutschland durch eine allzu einseitige Diskussion um bombenlegende rechtsradikale Fans der Kinder-Pornographie. Dennoch: Die neue Technologie sorgt, über alle Hindernisse hinweg, bereits jetzt für Veränderungen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Zuweilen wachsen die Begehrlichkeiten einzelner Interessensgruppen bereits in den Himmel.

Es ist also an der Zeit, mit einer dem Medium angepaßten Publikation auf die Herausforderungen zu reagieren.

Telepolis will die gesellschaftlichen, künstlerischen und politischen Herausforderungen und Chancen der Informationsgesellschaft diskutieren. Telepolis ist kein klassisches Printmedium am Netz, sondern ebensosehr Journal wie Radio, Fernsehen oder Galerie und natürlich auch ein öffentlicher Raum. Gemacht wird Telepolis von Datenflaneurs, Netzaktivisten, Medientheoretikern, Computerspezialisten und Medienkünstlern.

Telepolis entstand aus einem Ausstellungsprojekt, das im November 1995 in der europäischen Kulturstadt Luxemburg vom Medienlabor München im Auftrag des Goethe-Institutes durchgeführt wurde. Die entsprechende Ausstellung, die Vortragsveranstaltungen, die virtuelle Telepolis-Ausstellung und das Telepolis-Journal im Netz haben mit Erfolg gezeigt, daß eine kritische Bestandsaufnahme der künftigen virtuellen Lebenswelt und ihrer vielfältigen Schnittstellen mit der wirklichen Welt jenseits der üblichen Sparten und ohne Suggestion von großartigen Versprechungen und katastrophalen ängsten an der Zeit ist.

Es geht darum, die Faszination an der Virtualität und der Tele-Existenz aufzugreifen, ohne ihr zu verfallen. Bei Telepolis, der Stadt am Netz, stand der Aspekt im Vordergrund, welche Auswirkungen die virtuelle Lebenswelt auf die städtische Umwelt und das urbane Leben in der Zukunft hat, wenn immer mehr urbane Funktionen ins Netz abwandern und digitale Städte gebaut werden, wenn der Cyberspace, bis vor kurzem eine Wortwüste, verräumlicht und zu einem Ort wird, an dem man sich immer mehr aufhält.

Die erste Ausgabe greift diese ursprüngliche Thematik von Telepolis noch einmal als Schwerpunkt auf, da sich die Verbindung zwischen der lokalen Lebenswelt der meisten Menschen und dem globalen virtuellen Raum im Netz als eine der Problemzonen der nächsten Jahrzehnte herauskristallisieren dürfte. Gleichwohl ist Telepolis natürlich keine Stadt, sie ist das Magazin, in dem das Leben in der urbanen Lebenswelt der Netze seinen Ausdruck findet, denn der Cyberspace hat nichts von einem globalen Dorf, wie dies noch Marshall McLuhan meinte.

Zum Aufbau des Magazins. Den Kernbereich bildet ein alle zwei Monate wechselndes Schwerpunktthemen. Essays, Interviews, Reportagen und Rezensionen befassen sich aus unterschiedlichen Blickrichtungen mit einem Aspekt der Informationsgesellschaft. Natürlich verändert sich der Schwerpunkt fortlaufend. Einzelne Beiträge kommen hinzu; andere werden ergänzt und aktualisiert.

Die fünf Rubriken "Terminal", "Container", "Salon", "Poptarts" und "Infoscope" erweitern dieses Spektrum um Berichte zu aktuellen Diskussionen über Online-Ausstellungen bis hin zu harten technischen Facts.

Den Kern der im Münchner Büro des Heise Verlages ansässigen Telepolis-Redaktion bilden Jürgen Fey, der Autor und Medienkünstler Armin Medosch sowie der Publizist und Medientheoretiker Florian Rötzer. Ein Kreis von festen Korrespondenten unterstützt die Redaktion von Beginn an. Dazu zählen u.a. Stefan Iglhaut (München), Stefan Münker (Berlin), die Pop Tarts-Redakteurinnen Margarete Jahrmann und Kathy Ray Huffmann (Wien), Timothy Druckrey (New York), Pierre Levy (Paris) oder Keisuke Oki (Tokyo).

http://www.telepolis.de/